Apps im Gitarrenunterricht

Digitale Medien sind schon seit langem im pädagogischen Kontext ein verbreitetes Thema. Doch sind digitale Medien wirklich ein Gewinn für den Instrumentalunterricht? Dazu kommt, dass es sehr schwierig ist, den Überblick zu behalten. Die digitalen Möglichkeiten entwickeln sich laufend. Es erscheinen praktisch alle paar Tage neue Apps und Anwendungen zum Musik machen, Musik lernen, organisieren und vieles mehr. Für diesen Artikel möchten wir über den Sinn von Apps im Unterricht reflektieren, und haben uns durch eine Liste von Apps gearbeitet, um einige vorzustellen die aus unserer Sicht gewinnbringend sein können, so dass ihr bei Interesse nicht alle Apps die es auf dem Markt gibt durchprobieren müsst, sondern durch unsere Aufstellung bereits Beurteilungskriterien erhaltet. Wir beschränken uns dabei auf drei Kategorien von Apps:

·      Apps mit denen Notenlesen (primär Tonhöhen) für das Instrument Gitarre trainiert werden kann.

·      Apps zur Rhythmus-Schulung

·      Apps zum kreativen Umgang mit Loops.

 In diesen drei Kategorien haben wir einige App-Empfehlungen zusammengestellt und sogar kurze Erklär-Videos gedreht, die ihr über QR-Codes (weiter unten im Artikel) online anschauen könnt.
Es gibt natürlich noch viele weitere Anwendungsbereiche wie Apps, die uns Lehrpersonen helfen den IU zu planen, strukturieren oder einzuteilen. Wir konzentrieren uns aber auf diese drei App-Kategorien, die im Unterricht mit den SuS direkt eingesetzte werden können.

 

Vorbehalte gegenüber Apps

Erste Versuche mit Lern-Apps habe ich schon vor vielen Jahren angefangen zu machen. Nach der Auseinandersetzung u.a. auch mit Manfred Spitzers Aussagen, waren meine Vorbehalte gegenüber solchen Programmen vor allem, dass die Anziehungskraft des Bildschirmes die eigentliche Motivation zum Musik machen und zur Faszination der natürlichen Klangerzeugung stören könnten. Also dass die Bildschirm-«Sucht» die intrinsische Motivation zur Musik mindert. Anhand meiner Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass ich diesen Effekt nicht beobachten konnte. In meiner Erfahrung ist die Wirkung bei Kindern komplett eine Andere, als die von YouTube oder ähnliche Plattformen, die bedingungslos das Belohnungssystem des Gehirns versuchen anzusprechen.

 

Was können Apps was wir nicht auch ohne Apps können?

Wenn ein Programm einen Lerninhalt nur gleich gut wie ein methodisches Vorgehen ohne Bildschirm «lehren» kann, dann bevorzuge ich das Vorgehen ohne Bildschirm. Schliesslich geht es beim Musik machen um das zwischenmenschliche Zusammenspielen, um Ausdruckskraft, um künstlerische Gestaltung und so weiter. Wenn Apps Sinn machen sollen, müssen sie also einen Zugang zu einem Lerninhalt schaffen, der zu einem höheren Gewinn führt als das Lernen ohne Bildschirm. Wie kann dieser höhere «Gewinn» dann also aussehen?

1. Apps zum Notenlesen lernen

Wenn SuS neu das Notenlesen erlernen braucht es zu Beginn noch relativ viel Energie, Noten zu lesen bis eine gewisse Routine entsteht. Die SuS kennen die Melodie eines Stückes vielleicht bereits und sind ungeduldig, bis sie die Melodie fliessend spielen können. Dies führt im schlimmsten Fall zu einer gewissen Ablehnung der Noten, weil die SuS die Noten als Hürde empfinden und sie sich lieber nach Gehör «durchhangeln. Natürlich gibt es hier nun verschiedene Möglichkeiten, die das Notenlesen zugänglicher machen können. Apps können je nach SuS eine solche unterstützende Option sein.

Allerdings können solche Apps natürlich nur punktuell eine Unterstützung sein, da sie sich rein auf das «Handwerk» Notenlesen fokussieren können, und die Aspekte von künstlerischem Ausdruck etc. nicht abbilden.

Bei meinen Beobachtungen in der Praxis habe ich festgestellt, dass gerade Gymnasiast*innen mir immer wieder positives Feedback zum Einsatz von Noten-Lern-Apps geben. Die SuS im Gymnasialalter können sehr gut abstrahieren, wozu die Apps nützlich sind, und können den Gebrauch von der intrinsischen Motivation Musik zu machen problemlos trennen. Bei Primarschülerinnen und -Schülern wiederum sehe ich einen weniger grossen Effekt durch die Verwendung von Apps. Bei Vorschulkindern würde ich ganz von der Verwendung von Apps abraten.

Unsere App-Empfehlungen im Bereich Notenlesen findet ihr hier.

 
2. Rhythmus-Apps

Rhythmus ist ein sehr abstraktes und vielschichtiges Lernfeld. Um einen Rhythmus richtig spielen zu können, müssen verschiedene Parameter verstanden werden. Apps geben uns die Möglichkeit, im Unterricht auf spielerische und interaktive Art und Weise auf einzelne dieser Parameter einzugehen. Anstatt in einer trockenen Übung den Rhythmus nach zu klatschen, kann das mit einer App und verschiedenen Rhythmusinstrumenten geübt werden.  Es macht doch viel mehr Spass, zu einem coolen Backing-Track mitzugrooven und den Rhythmus richtig zu spüren! So können wir Rhythmus grobmotorisch erfahren, ohne uns auf die Tonhöhen konzentrieren zu müssen und es ist trotzdem eine tolle musikalische Erfahrung in der Unterrichtsstunde.

Neben Rhythmen spielen ist auch das Verstehen von Notenwerten und Takt ein wichtiger Parameter. Dies kann gut mit Apps trainiert werden, die es uns erlauben, Rhythmen selbst zu schreiben. So können Lernende besser verstehen, wie viel Platz es eigentlich in einem Takt gibt, weil man nicht mehr und nicht weniger Notenwerte reinschreiben kann, als tatsächlich Platz haben. Auf Papier ist dies viel schwieriger zu veranschaulichen. Ausserdem können diese selbstgeschriebenen Rhythmen direkt angehört werden. So erfahren die Lernenden, welchen Einfluss der Notenwert auf den Klang des Rhythmus hat.

Unsere App-Empfehlungen im Bereich Rhythmus-Lesen findet ihr hier.

3. Apps zum Loopen

Etwas anders sieht der Gewinn zum Beispiel bei Loop-Apps aus. Bei diesen Apps glaube ich, dass sie wirklich zu einer Auseinandersetzung mit künstlerischen Aspekten von Musik führen können. So habe ich selber als Gymnasiast mit einer damaligen Version von aus Langeweile einmal in den Sommerferien eine komplette Orchesterpartitur einer Ouvertüre von Mendelssohn, Stimme für Stimme übereinander aufgenommen. Der Lerneffekt dabei ist natürlich sehr gross. Das Herumspielen mit dem Überlagern von verschiedenen musikalischen Patterns fördert offensichtlich das Entwickeln eines Verständnisses für Parameter wie Rhythmus und Harmonie. In dieser Form können Loop-Apps sicher auf verschiedene Weise eine Bereicherung darstellen.

Unsere App-Empfehlungen im Bereich Loops findet ihr hier

Abschliessende Gedanken/Fazit

Letztlich bleiben für uns zwei Aspekte aus unseren Recherchen und dem Durchstöbern von App-Store und Google Play-Store hängen: Zum einen gibt es mittlerweile unglaublich viele Apps und Programme, und darunter sind viele die leider nicht praxistauglich sind. Auf der anderen Seite gibt es Apps die wirklich gut gemacht sind, und technisch ist zum Beispiel durch die Tonhöhenerkennung bereits so viel möglich, dass sie aus unserer Sicht definitiv eine Bereicherung für den Unterricht sein können. Wir hoffen mit unserer Auswahl, den Ausführungen und den verlinkten Videos euch den Zugang etwas zu erleichtern im App-Dschungel.

 

Für alle die gerne selber noch weiter recherchieren möchten, findet ihr hier eine Liste mit weiterführenden Links zum Thema Apps im Instrumentalunterricht.

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