Pädagogik-Buchbesprechung: Glückliche Schüler muiszieren besser! (von Nicolai Petrat)
Von Michael Boner
In dieser Rubrik möchte ich, wie letztes Jahr, ein lesenswertes pädagogisch-didaktisches Buch vorstellen. Die vorgestellten Bücher sollen nicht nur informativ sein, sondern auch angenehm und kurzweilig zu lesen, weshalb ich auf grosse didaktische Sammelwerke verzichten möchte. In dieser Ausgabe stelle ich euch das Buch «Glückliche Schüler musizieren besser!» von Nicolai Petrat vor. Im Magazin 2022 ging es um das Buch «Simultanes Lernen» von Paul Harris, welches sich sehr nahe an der Praxis orientiert und relativ spezifisch aus Sicht des Autors gewinnbringendes konkretes Vorgehen für den Instrumentalunterricht beschreibt. Im Buch «Glückliche Schüler musizieren besser!» geht der Autor sehr viel stärker von allgemeinen aktuellen Erkenntnissen der Neurowissenschaften aus. Die Rückschlüsse und Empfehlungen für den Musik- und Instrumentalunterricht sind etwas allgemeiner gehalten, aber das Buch ist durchaus bemüht die Brücke zur Praxis zu schlagen. So beschreibt Petrat u.a. wie das menschliche Gehirn geradezu für Musik programmiert zu sein scheint, wie das Hören von Musik (in der richtigen Konstellation) automatisch zur Ausschüttung von Glückshormonen führt. Auf der anderen Seite haben Studien ja schon länger gezeigt, dass Lernprozesse in einem positiven Gefühlszustand effizienter und besser ablaufen als zum Beispiel beim Erleben von Angst. Diese Erkenntnisse sind natürlich nicht neu. Nicolai Petrat geht aber sehr viel mehr ins Detail. Er macht sich im Buch auch Gedanken darüber, was die Erkenntnisse auf der evolutionären Ebene bedeuten. Welchen Stellenwert hat Musik wohl für die Entwicklung des Menschen gespielt? Welche Erkenntnisse gibt es zu «Glück» in den Neurowissenschaften? Welche Rolle spielen dabei motorische Tätigkeiten? Wie sind künstlerische Erfahrungen damit verbunden? Das Buch versucht die Erkenntnisse umfassend zu Tipps für den Musikunterricht zusammenzufassen.
Meine Kritik zum Buch
Ich empfand «Glückliche Schüler musizieren besser!» durchwegs als spannendes und aufschlussreiches Buch. Nicolai Petrat gelingt es, neurowissenschaftliche Zusammenhänge verständlich darzustellen und zu deuten. Dabei fand ich immer wieder schlüssige Erklärungen für meine Beobachtungen aus dem Unterrichtsalltag, zum Beispiel die Wirkung von Groove bei Kindern. Das Buch ist keine «empirisch-wissenschaftliche Abhandlung», wie der Autor selbst im Vorwort schreibt. Vielmehr benennt Petrat Studienergebnisse, interpretiert sie und setzt sie in Kontext. So ist das Buch recht kurzweilig, zugänglich und doch reich an Erkenntnissen. Als einzige Kritik möchte ich anfügen, dass ich es an einigen Stellen so empfand, dass der Autor einige Aspekte etwas lange umschrieb und sich Argumente etwas wiederholten, um ihnen Nachdruck zu verleihen.
Das Buch richtet durchwegs den Blick auf vorhandene positive Ressourcen von Schülerinnen und Schülern. Es geht eigentlich nie um Hindernisse, Problemstellungen oder ähnliches, sondern immer um das Potential, das in uns steckt. Diese quasi humanistische Sicht, die den Menschen grundsätzlich als gut ansieht, gefällt mir sehr. Der Beruf als Lehrer macht mir sehr viel mehr Spass, wenn ich meinen Blick primär auf Potentiale der Schülerinnen und Schüler richte, und nicht auf ihre Limitierungen. Insofern empfand ich die Lektüre als inspirierend. Sie bestätigte für mich, dass wir uns immer wieder darauf zurückbesinnen sollten, welche positive Wirkung Musik haben kann. Es lohnt sich bei jeder Schülerin und jedem Schüler, diese Wirkung im Unterricht erlebbar zu machen, egal welche anderen Voraussetzungen sie mitbringen.